Breaking Bad

Der Schlüssel zu „Breaking Bad“

Gus bietet in der dritten Staffel Walter an, in seinem Toplabor zu arbeiten, drei Monate für drei Millionen Dollar. Walt lehnt zunächst ab, aber da kommt Gus mit diesen Sätzen und sagt es explizit: Was tut ein Mann? Er sorgt für seine Familie, egal unter welchen Umständen, egal ob man ihn dafür liebt oder hasst, egal ob man es ihm dankt: Er sorgt für seine Familie. Und wenn er Kinder hat, kommt er aus dieser Verpflichtung nie wieder heraus.

Man kann allerlei Vermutungen darüber anstellen, warum diese Serie einen derart überdimensionalen Rezeptionserfolg hat: Diese handwerkliche Perfektion mit Bildern und Kameraperspektiven wie von einem anderen Stern, die Kraft der Schauspieler, die kunstvoll verwobenen Cliffhanger auf allen Ebenen, ja die allgemein nachweisbare Raffinesse der Erzählstruktur, die überbordende Fülle des Drehbuchs, die Menge an Identifikationsangeboten in der Midlife-Crisis, diese Outlaw-Romantik, mit der sich Walter White über Recht und Gesetz stellt, was wir uns alle nicht trauen, die Gewalt, die jederzeit ausbrechen kann, die Lockerheit, mit der Millionen Dollar in Einkaufstüten durch die Gegend geschleppt werden, die Fremdheit des Dekors, die Kaputtheit der Welt, die wir mehr ahnen als wirklich erleben. Alles das hat einen unfassbar hohen Coolness-Faktor, sicher.

Aber dann kommt dieser Gus daher und sagt diese Sätze, die aus einem anderen Jahrhundert stammen und die eine Männlichkeit reklamieren, die es einfach nicht mehr gibt, und alles wird klar. Diese Sätze sind so schwachsinnig, dass es schon weh tut, aber sie spiegeln die Motivation vom Walt, der angesichts seiner Diagnose Lungenkrebs, die ihm die Kontrolle über sein Leben entreißt, genau diese Kontrolle wieder zurückgewinnt: Er setzt sich durch, er macht, was er will, er wird gewalttätig, er wird geldgierig, er steuert seinen spießigen Pontiak Aztek durch die Abgründe und die Windschutzscheibe geht zu Bruch: Was für ein Ausblick auf die Welt. Sie spiegeln diese Frustration der Babyboomer, denen das Leben unter den Händen zerrinnt, und alle ihre Werte verschwinden im Diskurs der Feuilletons, und die Frauen nehmen ihr Leben in die Hand und da bleiben dann nur Leute wie Donald Trump oder Viktor Orban und wie sie alle heißen, die „Take back control“ versprechen, wie Boris Johnson einem verunsicherten Wählervolk.

Die Serie ist eine hellsichtige Satire auf den gegenwärtigen Zustand der Welt: Die alten Ideen prallen auf die neue Wirklichkeit und das geht nicht gut aus. Normalerweise geht so was nicht gut aus für alte Ideen, hier jedoch wird der Wunschtraum alter weißer Männer zelebriert: Dass sie sich die Wirklichkeit ohne Rücksicht auf Verluste an ihre hanebüchenen Träume anpassen.

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