MSA 2014 oder: Sinnlose Geschenke

Nun haben Hunderte von Deutschlehrern die MSA-Arbeiten in Berlin und Brandenburg durchgeschaut und einige wesentliche Erkenntnisse gewonnen.

evers_gefühlteswissenErstens, dass die letzte Zahl eines Hühnerei-Codes die Stallnummer des Huhns bezeichnet, also sozusagen dessen Hausnummer, die man benutzen müsste, wollte man dem fleißigen Vogel einen Dankesbrief schreiben. Ein Beweis dafür, was Schule leistet. Du gehst hin, ahnst nichts Böses, und plötzlich lernst du Sachen, von denen du gar nicht wusstest, dass es sie überhaupt gibt; interessiert haben sie dich gleich gar nicht (wer will Hühnern schon Dankesbriefe schreiben); aber trotzdem entscheiden sie über dein Leben.

Zweitens, dass Horst Evers brüllend komische Texte schreibt, und nun wird er schon für Deutsch-Prüfungen versemmelt, was seiner Coolness extremen Abbruch tut. Ich werde mir sehr genau überlegen, ob ich mir sein nächstes Buch kaufe. Das mit dem einsamen Satelliten, der sinnlose Texte übermitteln muss und darob in eine Sinnkrise verfällt, kannte ich schon. Aber jetzt? Der Mann geht gar nicht mehr.

Drittens, dass die Erörterungsaufgabe „Von Sinn und Unsinn des Schenkens“ nichts als große Trauer auslöst. Diese Aufgabe am Schluss glänzt immer vor Beliebigkeit, sie illustriert das Problem von solchen schulischen Textsorten: Entweder es ist sinnlos, Leute etwas erörtern zu lassen, von dem sie keine Ahnung haben. Oder es ist vollkommen an den Haaren herbeigezogen, sie etwas diskutieren zu lassen, wofür sie sich nicht interessieren, weil das Thema einfach mal vollkommen egal ist. Oder das Thema ist so windelweich, dass außer komplett ausgelaugten Sowohl-als-für-auch-Positionen nichts dabei herauskommen kann. Und dann sitzen die Schüler da und tun mir Leid, denn die einzige sinnhafte Form, über diese Aufgabe etwas zu schreiben, wäre eine Erörterung über Sinn und Unsinn von MSA-Erörterungsaufgaben. Aber eine solche Meta-Ebene ist natürlich nicht erlaubt. Stattdessen müssen sie darüber schreiben, dass man sich über Geschenke vor lauter Neid und Zorn auch mal in die Haare kriegen kann. Als wenn man das nicht wüsste.

Viertens, dass Schenken mit Dativ konstruiert wird und dass unsere lieben Schüler dem Dativ schon längst auf dem Müll geworfen und abgeschworen haben und er sie gar nicht mehr bekannt ist. Darin bestand eine ganz große Tücke dieser Aufgabenstellung, denn immerhin musste man ab und zu dieses Verb benutzen.

Die Noten sind übrigens super geworden.

Ein Kommentar

  1. MSA 2017: Erörterung „E-Book oder Papierbuch?!“ Wieder so ein Thema, bei dem man vor Freude an die Decke springt.

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